Kann es sein, dass jeder sein eigenes Leben lebt…

Und das sogar gut und gerne und selbst gewählt und dadurch mehr oder minder zufrieden und selbst wenn nicht, auch selbst gewählt bzw zumindest billigend in Kauf genommen, dass eben nicht?

Wie kann es dann im Gegenzug dazu kommen, dass gerade ich immer das brennende Gefühl habe, die Welt und alle mir bekannten, darin wohnenden Menschen retten zu wollen ! Nein was sage ich, zu MÜSSEN!!

Und wissen Sie liebe Leserschaft, was mich über die Maßen verwirrt? 

Manche möchten das gar nicht

Aber soll das jetzt heißen, ich bin nicht gut genug in Sachen Welt retten , obwohl ich mich durchaus für einen Vollprofi halte in Sachen Leben retten.

Leben retten? Königsdisziplin! Championsleague. Schließlich mache ich seit bestimmt 30 Jahren nichts anderes und da sollte man doch meinen, ähnlich einer Gesangskarriere, ich verstehe mein Handwerk oder?

Oder sollte es am Ende einfach nur schlichtweg daran liegen, dass jeder Mensch, selbst die mir Nahestehendsten sehr gut selbst zurecht kommen und auf meine Rettung weder angewiesen noch scharf drauf sind? Gute Frage oder?

Ich habe sie mir bis jetzt nie gestellt, denn mein selbstloser und überschwänglicher Hang und Drang zu retten, hat mir bis jetzt weder Zeit noch Anlass dazu gegeben. Ich behaupte, das Gefühl der tiefen Dankbarkeit der Geretteten gab meinem Erfolg recht. Zu Recht übrigens.

Nun habe ich letztens einen Anflug von Entsetzen verspürt ob eines Neuen, sich mir aufdrängenden Gefühles, dass mein Mann tatsächlich ohne mich klar kam, selbst entschieden hat und das, nicht nur ohne mein unaufgefordertes vorab Rettungsangebot, sondern auch noch nach seinem eigenen Empfinden und da kann ich aus jahrelanger Erfahrung behaupten, dass das brandgefährlich ist, vor allem für ihn, da ich ihn ja im Nachgang korrigieren muss. Das kann man ja umgehen, indem man gar nicht erst ohne meine Rettung entscheidet oder gar agiert.

Schlimmer noch war allerdings, dass seine Entscheidung sogar gut und richtig war, er damit glücklich und zufrieden und sie selbst mir plausibel und vernünftig erschien.

Was ich bei dieser, für mich absolut neuen Erfahrung allerdings feststellen durfte war das Gefühl von Freiheit und Entlastung. Ich musste ausnahmsweise mal nicht die Verantwortung für den Rest meines und seines Leben übernehmen, meinen hübschen, aber oft überlasteten (klar, wenn man so viele Rettungen hinter und aber auch noch vor sich hat) gar nicht anstrengen, nicht voranlaufen, mehr oder minder frohen Mutes, aber dennoch zum Kampf gegen die Welt, die gerade nämlich im Hintergrund steht, da ja schließlich die meines Mannes gerettet werden muss. Gar kein soooo schlechtes Gefühl, neu zwar, aber durchaus mit einem Hang zum dran gewöhnen.

Ungewohnt ohne den Druck auf den eigentlich von Natur aus viel zu schmalen Schultern für all das Leid meines Gegenübers, aber durchaus angenehm und leicht.

Nun stehe ich allerdings da mit meinem kurzen Hemd, habe doch so viele Jahre Erfahrung in mir und jede Menge wertvoller Tips im Gepäck, gehüllt in kluge Worte ausgesprochen in einwandfreier Eloquenz.

Ich frage Sie, liebe Leserschaft, und nun?

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